Uwe Johnson Tage 2012 – Zwischen Anpassung und Widerstand

Montag, 17. September

Kunstsammlung, Große Wollweberstraße 24, 19.30 Uhr

Eröffnung durch Prof. Carsten Gansel, Vorsitzender der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft, sowie Michael Seidel, Chefredakteur des Nordkurier

Lesung und Gespräch mit Judith Zander, Uwe-Johnson-Förderpreisträgerin 2011. Moderation: Gundula Engelhard, Mecklenburgische Literaturgesellschaft

Für ihren Debütroman „Dinge, die wir heute sagten“ ehrte die Mecklenburgische Literaturgesellschaft Judith Zander mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis. Die Jury hob hervor, die Autorin verbinde auf kunstvolle Weise Vergangenes und Gegen­wärtiges. „Über das Mit- und Gegeneinander unter­schiedlicher Stimmen setzt sich Stück für Stück das Porträt einer vorpommerschen Dorf­gemeinschaft zusam­men, deren Einzelschicksale über drei Generationen aneinander gebun­den sind. Wie bei Uwe Johnson zeigt sich, auf welche Weise die Zeit­läufte in das Leben des einzelnen eingreifen und was in der Erinnerung von der Geschichte eines Landes bleibt, das es nicht mehr gibt.“

Judith Zander wurde 1980 in Anklam geboren. Sie studierte Germanistik, Anglistik und Geschichte in Greifswald, danach am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Ihr Debütroman wurde mehrfach ausgezeichnet, 2011 erschien ihr Gedichtband „oder tau“. Judith Zander wird am Eröffnungsabend auch Unveröffentlichtes lesen.

Dienstag, 18. September

Kunstsammlung, Große Wollweberstraße 24, 19.30 Uhr

Gelesen – Bücher im Gespräch. Die Podiumsdiskussion ist eine gemeinsame Veranstaltung des Fördervereins der Regionalbibliothek und der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft. Moderation: Gitta Lindemann

Bücher ins Gespräch zu bringen, ist Anliegen der Reihe „Gelesen“. Für eine differen­zierende Diskussion empfehlen der Jurist Jürgen de Buhr „Als ich im Sterben lag“ von William Faulkner, die Germanistin Dr. Gundula Engelhard „Nullzeit“ von Juli Zeh, die Kulturjournalistin Gitta Lindemann „Vielen Dank für das Leben“ von Sibylle Berg und der Literaturkritiker Dr. Wolfgang Mahlow „Aller Tage Abend“ von Jenny Erpenbeck.

Mittwoch, 19. September

Sportgymnasium, Musisches Haus, Lessingstraße, 15 Uhr

„Erinnerungen an einen guten Freund“. Edith Rimkus-Beseler über Erwin Strittmatter

Über Erwin Strittmatter wird knapp zwanzig Jahre nach seinem Tod kontrovers diskutiert. Es ist auch ein Streit um die Erinnerung. Bei der Debatte geht es einmal mehr um deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert. Erwin Strittmatters große Leserschaft ist mit neuen Erkenntnissen zur Biographie des Autors konfrontiert, die insbesondere die Zeit des Zweiten Weltkriegs betreffen. Zur Diskussion steht auch das Verhältnis von Fakt und Fiktion in Strittmatters Texten.
Die Schriftstellerin und Fotografin Edith Rimkus-Beseler war oft Gast bei Eva und Erwin Strittmatter in Schulzenhof und hat eine sehr persönliche Beziehung zu beiden Autoren. Von 1954 bis 1994 fotografierte sie die Dichterin und den Erzähler, der dort seine zweite Heimat gefunden hatte. Insbesondere Jugend­liche möchte Edith Rimkus-Beseler bildlich mit dem „Lebensort Schulzenhof“ vertraut machen und mit ihnen über vier Jahrzehnte Schriftstellerleben und DDR-Geschichte sprechen.

Edith Rimkus-Beseler, geboren 1926 in Ostpreußen, lebt mit dem Autor Horst Beseler im mecklenburgischen Hinzenhagen. Neben und nach ihrer Lehr­tätigkeit als Kunst­er­zieherin begann die Fotografin schriftstellerisch zu arbeiten. Erschienen sind Kinder­bücher und Bildbände. Edith Rimkus-Beseler wurde in die Internationale Föderation der Kunstfotografen AFIAP aufgenommen. Ausstellungen im In- und Ausland.

Donnerstag, 20. September

Schauspielhaus, Pfaffenstraße 22, 19.30 Uhr

„Als ob sie sich zutrauten, den Himmel zu teilen“. Gudrun Landgrebe und Christoph Hein lesen Uwe Johnson. Gudrun Landgrebe interpretiert „Oster­wasser“ und „Marthas Ferien“ von Uwe Johnson.

Der Uwe-Johnson-Preisträger 2012 Christoph Hein stellt seinen Essay „Die Mauern von Jerichow“ vor, der sich auf Johnsons Roman „Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl“ bezieht. Befragt nach dem „Platz des Erzählers“ stellte Uwe Johnson fest: „Der Ver­fasser sollte zugeben, daß er erfunden hat, was er vorbringt, er sollte nicht ver­schweigen, daß seine Informationen lückenhaft sind und ungenau. […] Dies eingestehen kann er, indem er etwa die schwierige Suche nach der Wahrheit ausdrücklich vorführt, indem er seine Auffassung des Geschehens mit der seiner eigenen Person vergleicht und relativiert, indem er ausläßt, was er nicht wissen kann, indem er nicht für reine Kunst ausgibt, was noch eine Art der Wahrheitsfindung ist.“

Gudrun Landgrebe, in Göttingen geboren und in Bochum aufgewachsen, zählt zu den renommiertesten deutschen Schauspielerinnen. Nach Abschluss der Schauspielschule in Köln war sie 12 Jahre an verschiedenen Stadttheatern im festen Engagement. Bereits mit ihrer zweiten Kinohauptrolle kam 1983 der große internationale Durchbruch. Gudrun Landgrebe gibt mit Begeisterung Lesungen und leiht zahlreichen Hörbüchern ihre Stimme

Freitag, 21. September

Burg Stargard, Alte Burg, 19.30 Uhr

Verleihung des Uwe-Johnson-Preises an Christoph Hein
für seinen Roman „Weiskerns Nachlass“. Festrede: Rainer Prachtl, Landtagspräsident a.D. Mecklenburg-Vorpommern. Laudatio: Prof. Dr. Manfred Bierwisch, Universitätsprofessor i.R., Berlin

Wie nur wenige Autoren in der deutschen Gegenwartsliteratur halte Christoph Hein an einem gesellschafts­kritischen Anspruch von Literatur fest, urteilte die Jury. Der Roman spiele konsequent durch, wie trügerisch soziale Sicherheit in der Gegenwart sein kann, und suche dabei die Prekarisierung nicht an den Grenzbereichen der Gesellschaft auf, sondern in ihrer Mitte. Wie bei Uwe Johnson werde offenbar, „auf welche Weise der Einzelne in die gesell­schaft­lichen Zeitläufte hinein gerät und zu ihrem Spielball wird“. Die Analyse realer wie möglicher Zustände gehe weit über bisherige literarische Gestal­tungen hinaus. Wie Uwe Johnson erweise sich auch Hein zugleich als Meister ironischer Darstellung.

Christoph Hein wurde am 8. April 1944 in Heinzendorf/Schlesien geboren. Nach Kriegs­ende zog die Familie nach Bad Düben bei Leipzig, wo Hein aufwuchs. 1967 studierte er an der Universität Leipzig Philosophie und Logik und schloss sein Studium 1971 an der Humboldt Universität Berlin ab. Von 1974 bis 1979 arbeitete Hein als Hausautor an der Volks­bühne Berlin. Von 1998 bis 2000 war Chris­toph Hein erster Präsident des gesamt­deutschen PEN-Clubs. Hein ist Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste. Der Durch­bruch gelang ihm mit seinem Prosadebüt „Einladung zum Lever Bourgeoise“. Weitere bekannte Werk sind „Land­nahme“, „Horns Ende“ und „Der Tangospieler“.